Hier eine Kolumne von mir

Ceterum censeo....


Machen wir einen Zeitsprung zurück in die Zeit des Aufstiegs des römischen Imperiums. So um 160 v.Chr. hat Cato gelebt. Er genoss hohes Ansehen in Rom .Er war über Jahre hinaus der Chefideologe des Reiches. Und er war es, der diesen Ausspruch getan hat: ceterum censeo, carthaginem delendam esse, im Übrigen bin ich der Meinung, dass Kathargo zerstört werden muss. Das wäre nun gar nicht weiter erwähnenswert, wenn er nicht jede Rede, die er im Senat hielt, mit diesem Satz beendet hätte. Er war besessen von der Idee, Karthago dem Erdboden gleich zu machen. Obwohl Karthago in zwei punischen Kriegen längst besiegt worden war.


Eigentlich hatte Rom damals schon alles, was sich ein Reich nur wünschen konnte. Reichtum und Macht in Hülle und Fülle. Rom musste sich schon lange nicht mehr irgendwelcher Feinde erwehren. Hannibal war längst überwundene Geschichte. Trotzdem taten die Politiker so, als ob sie sich gefährlicher Feinde erwehren müssten. Das unüberwindliche Heer schlug überall, wo es nur konnte, zu. Rom ging auf Raubzug. Es hatte Blut geleckt und wollte immer mehr. Im Jahre 189 wurde Syrien einkassiert. 168 Mazedonien. 146 Griechenland. 121 Südfrankreich. Korinth wurde dem Erdboden gleich gemacht. Delos wird eingeebnet und zum zentralen Sklavenumschlagplatz umfunktioniert. Und zwischendurch gibt es den Dritten.Punischen Krieg.

Und damit sind wir wieder bei Cato. Was auch immer dieser Mann im Senat behandelte, er schloss seine Rede mit ceterum censeo, carthaginem delendam esse. Ob´s um Steuern ging, Städtebau, Handelsgesetze oder sonstwas, immer schloss er seine Ausführungen mit ceterum censeo...Mit diesem Gedanken ging er ins Bett, mit diesem Gedanken wachte er auf. Karthargo hatte damals längst begriffen, dass es eine untergeordnete Rolle im Mittelmeerraum spielte. Nach zwei verlorenen Kriegen kuschte es vor Rom und wagte kaum einen Mucks zu sagen. Aber es bestand noch. Es war noch nicht vom Erdboden verschwunden. Und das passte Cato nicht. Karthago musste weg. Und zwar ganz und gar. Und im Jahr 146 war`s dann soweit. Die Saat der "ceterum censeo"- Ideologie ging auf. Als Karthago sich gegen eine Provokation eines afrikanischen Stammes wehrte, griff Rom ein. Und das hieß zu seinen Waffen. Die römische Dampfwalze setzte sich in Bewegung. Die Kartharger leisteten erbitterten Widerstand. Doch nach zwei Jahren hatten die Römer ihr Werk vollbracht. Karthago hörte auf zu existieren. Die Reste der Stadt wurden - die Römer hatten ja Erfahrung damit - dem Erdboden gleich gemacht. Die wenigen Überlebenden wurden als Sklaven ins Reich gebracht. Und symbolischer Höhepunkt der Schlacht, oder besser des Schlachtens um Karthago: ein Pflug gräbt Schutt und Asche über Karthago um. Die Römer hatten ganze Arbeit geleistet.

Männer wie Cato sind Kriegstreiber. Sie haben schon immer Leid und Trauer über die Welt gebracht. Die ewig wiederholten Hinweise auf " weapons of massdestruction" vor dem Irakkrieg erinnern an Catos Rhetorik und sie haben uns ein gutes Stück näher an den Abgrund gebracht.

Mit Entsetzen müssen wir feststellen, dass die Zeiten der Deeskalation vorüber sind. Wir sind Zeugen eines blutigen Bürgerkrieges in Nahost. Ost und West stehen sich argwöhnisch gegenüber. Es wird wieder aufgerüstet. In der Ukraine leiden Menschen unter bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Die Welt gerät aus den Fugen. Die globalen Probleme der Erderwärmung und der Umweltverschmutzung geraten uns aus den Augen. Was wir heute brauchen, sind Friedenstreiber. Angesichts schmelzender Polkappen, sich beschleunigenden Artensterbens und der Verwüstung riesiger Landmassen können wir uns Kriege gar nicht leisten. Nicht in Nahost, nicht in der Ukraine, nicht in Afganistan und nicht im Sudan.

Wir brauchen Friedenstreiber. Wir brauchen eine neue "ceterum censeo" Philosophie. Wo sind die Staatsmänner, die sich Catos Rhetorik im umgekehrten Sinne bedienen. Als Friedenstreiber. Angesichts der Gefährdungen dieser Welt brauchen wir Politiker und Politikerinnen, die jede ihrer Reden mit dem Satz beenden: ceterum censeo, mundum non delendum esse." Mit mundus ist dann die Erde als Ganzes gemeint, die physische und biologische Grundlage, auf der wir uns befinden und die alle Menschen brauchen, um leben zu können. Ceterum censeo muss auf den Kopf gestellt werden. "Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Erde nicht zerstört werden darf." Es geht ums Bewahren. Nicht irgendeines Ortes oder Vorteils, sondern es geht um das Bewahren des Ganzen. Es geht um alles. Das macht den wahren Kern der Globalisierung aus. Alles, was wir tun, muss daran gemessen werden, ob es der Erde zum Schaden gereicht oder nicht.

Thema Artentod: ceterum censeo, mundum non delendum esse.

Thema Erderwärmung: ceterum censeo, mundum non delendum esse.

Thema Umweltzerstörung: ceterum censeo, mundum non delendum esse.

Thema Krieg: ceterum censeo: mundum non delendum esse.

Thema Aufrüstung: ceterum censeo, mundum non delendum esse.

Thema Plünderung unseres Planeten: ceterum censeo, mundum non delendum esse.

Die Erde ist unser Wirt. Und wer die Rechnung ohne den Wirt macht, kann böse Überraschungen erleben. Was werden unsere Kinder und Enkel sagen, wenn sie die Folgen globaler Fehlentscheidungen auszubaden haben? Ceterum censeo, mundum non delendum esse. Wo also ist er, der neue Cato, der den Mumm und den Mut aufbringt, jede seiner Reden mit dem Satz: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir die Erde und das Leben auf dieser Erde nicht zerstören dürfen, beendet?

Wo bleiben die Staatsmänner, die den unverrückbaren Fixpunkt festlegen und während der Debatten am Kabinettstisch oder im Parlament ihre Reden mit ceterum censeo... beenden? Barrack Obama vor dem Kongress, wenn es um den Co2 Ausstoß seines Landes geht. Wladimir Putin, wenn er endlich zur Einsicht kommt, dass es friedliche Lösungen in der Ukraine gibt. Wie gut würde es unserer Bundeskanzlerin stehen, wenn sie ihre Reden vor dem Bundestag, ganz gleich um welches Thema es sich handelt, mit "ceterum censeo, mundum non delendum esse" beenden würde? Und würde es unseren Bundespräsidenten nicht adeln, wenn er jede seiner Rede mit dem Satz " Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir die Erde als Grundlage der Existenz der Menschheit nicht zerstören dürfen." beenden würde und sich damit die Perspektive und Belange unserer Kinder und aller Kinder auf der Welt zu eigen machen würde?